Lernsystem Informationskompetenz finanzielle allgemeinbildung

 

Modul 8: Verlaufsplanung

Entschuldungsplanspiel

Ulf Groth
institut für finanzdienstleistungen e.V.

 

Verlauf Ziele Inhalte/Methoden/Materialien Evaluation
Spielaufbau  

Spielaufbau

Das Entschuldungsplanspiel setzt auf einer professionellen Schuldenberatungs-Software, die vom iff entwickelt wurde, auf. Durch die Nutzung einer "echten" Software soll ein weitgehender Realitätsbezug hergestellt werden, da viele Vorgaben oder Erfassungen edv-gestützt durchgeführt werden.

Die Software wurde für den Einsatz in Schuldenberatungsstellen oder Anwaltskanzleien entwickelt. Daher muss in diesem Planspiel ein "ungewandelter Einsatz" erfolgen.

In dem Planspiel findet jeder Gläubiger seine Forderungsdaten, die er gegenüber dem Schuldnerhaushalt einfordert unter "Schuldner". Dies ist technisch bedingt: In der Software CAWIN (computer assisted debt advice system für Windows) können nur für den Schuldner komplexe Eingaben zu einzelnen Forderungen vorgenommen werden. Hierauf sind die teilnehmenden Schüler hinzuweisen, damit es nicht zu Irritationen kommt.

Lediglich die Gruppe "Schuldner Paul Pleite" und die Gruppe "Schuldnerberatungsstelle Darlehnhausen" können die Software "richtig" und nicht verdreht einsetzen. Die Gruppe, die den Gerichtsvollzieher spielt, nutzt die Software quasi nur als "Schreibautomat", der für die standardisierte Korrespondenz die Vorlagen ausdruckt.

Der Vorteil dieser Herangehensweise bei dem Planspiel liegt daran, dass weitgehende Voreinstellungen, Berechnungsoperationen und Adresserfassungen bereits vorhanden sind sowie die gesamte Korrespondenzabwicklung standardisiert abgewickelt werden kann. Dadurch wird der Realitätsbezug erhöht (z.B. kann das Originalberechnungstool zur Ermittlung des pfändbaren Betrages genutzt werden und ein reales Ergebnis berechnet werden).

Um den komplizierten und rechtlich höchst komplexen Hintergrund nun aber "schülergerecht" und möglichst spannend zu gestalten, wurden für dieses Planspiel beispielsweise für das Mahnverfahren und die durchzuführenden Pfändungen "spielrechtliche Regelungen" entwickelt, die sich zwar grundlegend an den Vorschriften der Zivilprozessordung anlehnen, aber kein wirklichkeitsgetreues Abbild dieser Verfahren darstellen.

 
 

Mit diesem Planspiel wird das Ziel verfolgt, exemplarisch und möglichst wirklichkeitsnah die Probleme eines Privathaushaltes aufzuzeigen, der infolge eingetretener Arbeitslosigkeit in die partielle Zahlungsunfähigkeit abgerutscht ist. Spielziel ist, den Schuldnerhaushalt so weit wie möglich aus der Schuldenkrise herauszuführen.

Diese Bemühungen werden "durchkreuzt" von drei verschiedenen Gläubigern, die ihrerseits das Ziel verfolgen (müssen), so viel wie möglich von ihren Außenständen reinzuholen. Ein neutraler Dienstleister in Form eines Gerichtsvollziehers (GVZ), der in diesem Spiel Aufgaben eines GVZ und von Zivilgerichten, standardisiert und vereinfacht parallel übernimmt, stellt....

Die als Hilfsinstanz anzusprechende Schuldnerberatungsstelle kann idealtypisch mehr bewirken, als die zunächst vom Schuldnerhaushalt selbst zu entwickelnden Maßnahmen des Krisenmanagements ausrichten können.

Mit diesen "Blöcken", nämlich auf der einen Seite drei (mächtige) Gläubiger, die sich eines neutral arbeitenden "Justizapparates" (siehe: GVZ im Planspiel) bedienen können, und auf der anderen Seite der "kleine Block", bestehend aus Schuldnerhaushalt und der Schuldnerberatungsstelle, soll das Kräftespiel in derartigen Situationen vermittelt werden. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass der kleine "David" gegen die "Goliaths" reelle Chancen hat.

Dabei werden außerdem auf einer spielerischen Ebene zivilprozessuale Grundlagen über das Mahnverfahren und die Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten ansatzweise vermittelt, die auf grundlegende Sachverhalte hinweisen: "Der Gläubiger ist Herr des Verfahrens", jede Maßnahme kostet Gläubigern Geld, daher kommen betriebswirtschaftliche Überlegungen stets mit ins Kalkül, die Justiz wird in diesen Verfahren nie "automatisch" tätig, sondern benötigt stets Anstöße seitens der Gläubiger in Form konkreter Anträge.

Aber auch höchst unterschiedliche Beitreibungs- und Marketingstrategien von Gläubigern werden ansatzweise verdeutlicht: Der "Hardliner" ist ebenso zu finden, wie der Anbieter, der selbst die monetäre Krise eines Haushaltes noch zu nutzen versucht, um längerfristig eine Kundenbindung zu erhalten.

Nicht zuletzt vermitteln die u. a. auch durch "Live-event-Karten" seitens der Spielleitung mit beeinflussten "Turbolenzen" beim Schuldnerhaushalt, dass sich ein Haushaltsbudget höchst dynamisch verhält und dadurch längerfristige Planungen erschwert werden.

Auch bleibt die wichtige Zeitkomponente nicht unberücksichtigt, da etliche Spielzüge unter einer strengen Zeitvorgabe stehen. In dem Spiel entspricht 1 Monat = 15 Minuten realer Zeit. Dadurch soll auch simuliert werden, dass manche Angelegenheiten rasch angefasst werden müssen.

Alles in allem, werden zahlreiche lebensrelevante Bereiche, die heute immerhin rd. 2,5 Mio. Haushalte (So hoch wird von Fachleuten die Anzahl der überschuldeten Haushalte in Deutschland angegeben.) in Deutschland tangieren, in diesem Planspiel berührt. Zugunsten einer spielerischen Herangehensweise wurde dabei stellenweise von der Realität, insbesondere bei spielerisch nicht umsetzbaren juristischen Vorschriften, abgewichen. Dies schmälert allerdings nicht den Lerneffekt und die grundsätzliche Erkenntniserlangung für die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler.

Der "bargeldlose Zahlungsverkehr" wird in dem Planspiel dadurch simuliert, dass z.B. alle 15 Minuten ein pfändbarer Betrag vom Schuldsaldo, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verrechnungsvorschriften, bei dem jeweiligen Gläubiger abgezogen wird. Es wird also richtig "gebucht" im Spiel. Ebenso werden die Einkünfte beim Schuldner entsprechend angepasst. Daneben sind auch Barzahlungen vorgesehen, um "Geldausgeben" (= Geld zu haben) und anfallenden echte Kostenbelastungen, etwa für Gläubiger, auch "real" erfahrbar zu machen.

Zurück zum Anfang:

Ziel dieses Planspiels ist es, der Schuldnerfamilie weitestgehend aus der Finanzkrise herauszuhelfen.

Dies ist ein offenes Ziel. Es gibt keine vordefinierten "Zielmarken", die erreicht werden können. Der Verlauf des Planspiels ist bewusst offen angelegt. Es hängt vom geschickten Agieren, von der Kreativität, vom Gespür der Einzelnen, von Fehlern oder der Geschwindigkeit der anderen, von glücklichen Umständen ab, was am Ende erreicht wird, wie weit die Schuldnerfamilie am Ende "aus dem Wasser schaut" (... oder ob es ihr noch bis zur Oberkante Unterlippe reicht...). Dies ist der deutlichste Realitätsbezug.

In der vorgesehenen Reflexion des Planspiels, in der dann die unterschiedlichen Ausgangsbriefings öffentlich gemacht und die im einzelnen verfolgten Strategien während des Spiels vorgestellt werden, ist schließlich noch einmal Raum, um Erfahrungen, Erkenntnisse und Empfindungen über das Spiel auszutauschen. Erfahrungen, Erkenntnisse und Empfindungen, die den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern hoffentlich in ihrem späteren Leben erspart bleiben. Die allerdings hoffentlich doch so tief sitzen bleiben, dass im Falle eines eigenen "Kreditunfalls", die spielerisch gewonnen Erkenntnisse dann rasch und zielgerichtet umgesetzt werden können in einem erfolgreichen Krisenmanagement.

   
   

Aufgaben der Spielleitung

Die begleitende Lehrkraft fungiert in diesem Planspiel als Spielleitung.

Sie hat damit einen aktiven und steuernden Part im gesamten Spielgeschehen.

Zum einen sammelt die Spielleitung Kopien aller Schreiben und Anträge die im Spielverlauf ausgetauscht werden. Die Spielgruppen sind gehalten eine Kopie jedes Vorgangs jeweils der Spielleitung auszuhändigen. Jedes dieser Dokumente ist mit der Uhrzeit versehen, wann es zugestellt wurde. Dadurch ist die Spielleitung grundsätzlich "im Bilde" was sich tut im Spiel. Diese permanente Transparenz ist wichtig für den dosierten Einsatz der "Live-event-Karten" und zudem hilfreich für die Reflexionsrunde.

Entscheidungen im Rahmen der eigenen Bemühungen des Schuldners, z.B. Beschlüsse über Taschengeldkürzungen, Kündigungen von Mitgliedschaften, Versicherungen etc. sind vor ihrem Wirksamwerden von der Spielleitung zu genehmigen. Dadurch bestehen dann wiederum die nötigen Erkenntnisse, um gezielt mit den "Live-event-Karten" in das Spielgeschehen einzugreifen. Dies kann sowohl mit positiven Ereignissen oder eben auch erneuten "Rückschlägen" erfolgen, je wie es einem spannenden Spielverlauf am zuträglichsten ist. Die Spielleitung gibt auch z.B. neues Bargeld an die Gruppe "Schuldner" aus, etwa einen Rückkaufswert für eine gekündigte Kapitallebensversicherung (diskret in einem verschlossenen Umschlag, damit die anderen Gruppen dies nicht "ausspionieren" können).

Durch diese Einwirkungsmöglichkeiten kann seitens der Spielleitung die nötige, realitätsbezogene Dynamik in diesem Spiel erzeugt werden.

 
   

Reflexion des Planspiels

Die abschließende Reflexion, der Austausch über das Erlebte dient dazu um die jeweiligen Strategien der anderen Spielgruppen nachträglich kennen zulernen und zu erfassen. Durch das Auswertungsgespräch soll das Erleben in der Spielsituation aufgearbeitet und bewertet werden: Was war eine gute Idee, was war ein Fehler, was sollte vielleicht anders gemacht werden, hat die Aktion einer Spielgruppe eine bestimmte Reaktion erst provoziert u. a. m. Die mit der Uhrzeit versehenen Kopien der Scheine und Anträge erleichtert die Dokumentation und die Rückschau hierauf.

Auf den Spielunterlagen für die Spielleitung sind für diese Reflexionsrunde einige Hintergrundinformationen vermerkt, die situativ in den Reflexionsprozess eingebracht werden können. In einem gewissen Rahmen sollen dabei auch die tatsächlichen zivilprozessualen Möglichkeiten und deren Auswirkungen erläutert werden. Aber auch das erkennen von Gläubigerstrategien, die bekannten Mustern irgendwelcher tatsächlich existierenden Anbieter nachempfunden sind, soll ermöglicht werden.

Im Rahmen des Reflexionsprozesses sollen aber auch Empfindungen, die die einzelnen Akteure während es Rollenspiels hatten, eingebracht werden. Beispielsweise soll ein evtl. erlebtes Gefühl der Stärke als Gläubiger benannt werden können, soll ggf. die Ernüchterung, falls Dinge anders liefen als gedacht, oder aber ein mögliches "Unterlegenheitsgefühl" in bestimmten Situationen der Schuldner etc. mitgeteilt werden. Wie das, wenn auf einmal kein Geld da ist zum zahlen?

Dem Raumgeben dieser Ebene ist wichtig zur Abrundung des Reflexionsprozesses.

 
   

Praktische Hinweise

Wie den Unterlagen zu entnehmen, sollte zunächst eine "Probierphase" unter Nutzung des bei der Programminstallation mitgelierten Haushaltes Mustermann erfolgen.

So können sich die Schüler mit dem Programmhandling vertraut machen. Nach einer Pause, während der dann die notwendigen spielbezogenen Nachinstallationen vorgenommen werden, startet das eigentliche Planspiel. Gut wäre eine 10-minütige Lesephase vorzunehmen, während der keine Interaktionen erfolgen dürfen.

Es ist darauf zu achten, dass sowohl das Spielbriefing, als auch die Informationen zum Mahnverfahren und zur Durchführung von Pfändungen am besten durch die Gruppen ausgedruckt werden, um stets nachlesen zu können und die Rolle und die Vorgaben richtig auszufüllen. Es erscheint auch sinnvoll, einen Uhrenabgleich vorzunehmen, damit die einzutragenden Zeiten auf den Dokumenten stimmig sind.

Die Gruppe "Schuldnerberatungsstelle" kann in der Anfangsphase des Spiels unterbeschäftigt sein. Daher ist für sie eine zusätzliche Lese- und Informationszeit über die in der Software enthaltene Infothek vorgesehen.

Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Schuldner rasch Hilfe von der Beratungsstelle holen.

Wenn es nicht möglich ist, Computer, die in verschiedenen Räumen stehen, zu benutzen, müssen die Schüler unbedingt angehalten werden, ihre gruppeninternen Absprachen sehr leise und die persönlichen Gespräche zwischen GVZ - Schuldner und Schuldner - Beratungsstelle sehr leise und diszipliniert durchzuführen. Auf jeden Fall sollen die jeweils benutzten PCs möglichst weit voneinander entfernt stehen.

Da das Ergebnis des Planspiels bewusst offen ist, kann es, wenn genügend Interaktionen stattgefunden haben zwischen den einzelnen Gruppen jederzeit abgebrochen werden. So kann es ggf. auf eine Schulstunde begrenzt werden (was allerdings äußerst knapp wäre) oder beispielsweise auf eine Doppelstunde ausgelegt werden.

Die jeweiligen Spielgruppen erhalten zu Beginn des Spiels Spielgeld in unterschiedlicher Höhe (mit Ausnahme der Gruppen GVZ und Schuldnerberatung):

Schuldner100 EUR
Citybank1.500 EUR
ORBIT Versicherung750 EUR
Kelle Versandhaus1.000 EUR

Um sich über die Materialien und die unterschiedlichen Spielbriefings umfassend zu informieren, sind in diesen Lehrerinformationen sämtliche Unterlagen aller Spielgruppen enthalten.

Fast identische Briefvorlagen, z.B. für Gläubiger, sind hier nur einmal enthalten. Diese Unterlagen enthalten auch die schon erwähnten Reflexionshinweise, die jeweils handschriftlich eingefügt sind.

Gutes Gelingen und einen spannenden, lehrreichen Verlauf beim Planspiel!

 

 

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